«Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.» Das sagte schon der deutsche Dichter und Schriftsteller Christian Morgenstern. Sehen Sie das ähnlich? Damit sind Sie nicht allein. Seine Aussage wird sogar durch die Studien von Prof. Dr. François Höpflinger belegt. Er hat, im Rahmen des zuletzt erschienenen «Age Reports», unter anderem mit Befragungen untersucht, wie sich die Wohnumgebung und die sozialen Kontakte auf die Lebensqualität im Alter auswirken. Die Zahl der Personen, die sich, nach eigenen Aussagen, fast nie oder nie einsam fühlen, sind in den letzten Jahren relativ konstant geblieben. Da heute mehr alte Menschen gezählt werden als früher, ist, absolut betrachtet, die Zahl an einsamen Menschen dennoch angestiegen. Dabei gilt Folgendes zu bedenken: Einerseits fühlen sich nicht alle sozial isolierten alten Menschen einsam. Andererseits ist Einsamkeit auch in einer Paarbeziehung und bei guten Familienkontakten denkbar. Wer seine Kontakte pflegt, sich seinen Lebensumständen anpasst und auf seine Wohnumgebung achtet, hat bessere Chancen, im Alter nicht einsam zu sein.
Sich bei Pensionierung und Verwitwung neu organisieren
Im Gegensatz zu früher stehen sich bei modernen Partnerschaften zunehmend zwei Berufskarrieren gegenüber, die Einfluss haben auf die Pensionierung. Nicht nur deshalb kann die Pensionierung Paare dazu zwingen, ihre Beziehung neu zu gestalten. Je nach Konstellation geht es um Ansprüche nach Selbstbestimmung, Ruhe und Entlastung, aber auch um Diskussionen zur Beibehaltung des bisherigen Lebensstils oder zur Entwicklung neuer Gemeinsamkeiten. Der Umstand, nach einer Verwitwung allein verantwortlich zu sein und alles selbst machen zu müssen, wird von manchen Befragten als schwerwiegende Herausforderung eingestuft. An erster Stelle der negativ erlebten Aspekte einer Verwitwung steht gemäss des Age Reports die Einsamkeit.
Geschwister, Kinder und Enkelkinder werden wichtiger, je älter man wird
Geschwister können in späteren Lebensjahren eine spezielle Bedeutung einnehmen, da sie mit zu den langjährigen familialen Beziehungen gehören. Vor allem nach dem Tod der Eltern nehmen Geschwister teilweise (erneut) eine wichtige Stellung ein: Einerseits weisen Geschwister – im positiven wie negativen Sinne – eine gemeinsame familiale Herkunft auf, und andererseits sind sie meist mit denselben Fragen des Alterns konfrontiert. Geschwisterbeziehungen vermitteln damit sozusagen zwischen familialer Vergangenheit und biographischer Gegenwart. Frühere Geschwisterrivalitäten treten in späteren Lebensphasen meist in den Hintergrund. In einigen Fällen führt erst das Alter zu einer intensiven und befriedigenden Geschwisterbeziehung. Auch erwachsen gewordene Kinder sind im Alter oftmals bedeutsame Bezugs- und Unterstützungspersonen. Die gegenseitigen Kontakte zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern sind vielfach intensiv und persönlich, aber auch telefonische Kontakte werden häufiger. Die Geburt von Enkelkindern und ihr Aufwachsen ist für ältere Menschen eine Gelegenheit, erneut enge, persönliche Kontakte zur jüngsten Generation zu pflegen. Gleichzeitig kann an frühere Lebensphasen angeknüpft werden. Eine Grossmutter oder ein Grossvater wird, im Kontakt mit den Enkelkindern, symbolisch mit zwei Kindern konfrontiert: dem Kind aus der Vergangenheit in sich und dem Kind aus der Gegenwart vor sich. Zu beachten ist: Mit zunehmender räumlicher Distanz werden Kontakte seltener und auf Ferienzeiten beschränkt.
Freunde sind praktisch und gut für die Seele
Im Gegensatz zu familialen Beziehungen beruhen Freundschaften auf Freiwilligkeit. Enge Freundschaften sind deshalb meist durch langjährige gemeinsame Interessen geprägt. Freunde und Freundinnen können auch in praktischer Hinsicht hilfreich sein, beispielsweise durch die Bereitstellung kleiner Alltagshilfen, wie Begleitung bei Einkäufen, Beratung bei administrativen Problemen und so weiter. Mit der Pensionierung fallen viele Sozialkontakte weg. Allerdings werden heutzutage am Arbeitsplatz eingegangene Beziehungen auch als Freundesbeziehungen in der nachberuflichen Lebensphase weiter gepflegt. Im hohen Lebensalter können jedoch umgekehrt Bezugspersonen durch Wegzug, Einschränkungen des Aktionsradius oder Tod wegfallen, weshalb die Nachbarschaft wieder einen höheren Stellenwert einnimmt.
Gute Nachbarn erhöhen den Wohnkomfort enorm
Das informelle Nachbarschaftsnetzwerk ist im Alter ein wichtiges Element sozialer Unterstützung. Speziell alte Menschen mit funktionellen Alltagseinschränkungen können von nachbarschaftlichen Hilfeleistungen profitieren. In vielen Regionen der Schweiz wurde die Nachbarschaftshilfe als Folge der Lockdown-Massnahmen während der Covid-19-Pandemie gezielt gefördert. Nachbarschaftskontakte werden umso wichtiger, je bedeutsamer die unmittelbare Wohnumgebung wird – sei es wegen Kleinkindern bei jungen Eltern oder wegen Mobilitätseinschränkungen bei betagten Menschen. Im Alter können gute Nachbarschaftskontakte nicht nur Sicherheit gegen Gewalt und Einbrüche vermitteln, sondern auch Einsamkeit verhindern und dazu beitragen, dass betagte Frauen und Männer länger in den eigenen vier Wänden leben können.
Ihre Chancen, zu Hause zu altern, stehen gut
Heute leben selbst 90-Jährige und noch ältere Menschen öfter zu Hause als dies «früher» der Fall war. Von 1000 Personen ab 65 Jahren beanspruchen gesamtschweizerisch nur gut 15 Personen ein Pflegeheim. Ihre Chancen stehen also gut, auch im hohen Alter noch selbstbestimmt im eigenen Zuhause leben zu können. Was Sie jetzt konkret dafür tun können, ist, sich darauf vorzubereiten.
Machen Sie sich Gedanken über Ihre Wohnsituation im Alter? Kontaktieren Sie mich.
Weitere AphorismenÄlter werden ist wie auf einen Berg steigen; je höher man kommt, umso mehr Kräfte sind verbraucht; aber umso weiter sieht man.
Ingmar Bergman