Leben in einem Mehrgenerationenhaus

Was früher Normalität war, ist heute eine wahre Seltenheit: das Grossfamilienhaus, in dem, von den Urgrosseltern bis zu den Urenkeln, alle zusammenleben. Viele Senioren wünschen es sich zwar, ihren Familienmitgliedern auch im Alter nah zu sein, jedoch steht diesem Wunsch häufig die berufliche Mobilität ihrer Liebsten im Weg. Ein generationsübergreifendes Miteinander lässt sich heutzutage jedoch auch ausserhalb der eigenen Familie umsetzen. Möglich wird dies durch das sogenannte «Mehrgenerationenwohnen».

Was ist Mehrgenerationenwohnen?

Das Mehrgenerationenwohnen ist ein Konzept, bei dem Alt und Jung zusammenleben. Meist handelt es sich dabei um Privathäuser mit mehreren separaten Wohnungen, die von Singles, Paaren und Familien unterschiedlicher Generationen bewohnt werden. Auf diese Weise können sie sich jederzeit nahe sein, gleichzeitig aber auch die Privatsphäre in ihren eigenen Wohnungen geniessen. Die Grundidee des Mehrgenerationenwohnens ist, auf die Bedürfnisse von Menschen unterschiedlicher Altersstufen einzugehen. Ausserdem sollen ihre individuellen Fähigkeiten so genutzt werden, dass alle Bewohner davon profitieren. Beispielsweise können Senioren auf den Nachwuchs ihrer Nachbarn aufpassen und im Gegenzug Unterstützung beim Einkaufen erhalten. Am Mehrgenerationenwohnen müssen nicht immer nur die eigenen Familienmitglieder beteiligt sein. Interessierte können auch in laufende Projekte mit fremden Wohnpartnern integriert werden oder ihr eigenes Wohnprojekt mit Freunden und anderen Interessenten starten.

Vorteile des Mehrgenerationenwohnens

Wohnen mehrere Generationen zusammen, können viele Vorteile daraus entstehen. Das gesteigerte Wohlbefinden, das man dabei empfindet, gehört jedoch zu den wichtigsten. Schliesslich wohnt man bei diesem Wohnkonzept immer in Gesellschaft und kann sich stets auf die Unterstützung der Nachbarn verlassen. Dies ist insbesondere dann praktisch, wenn die eigenen Familienmitglieder in einer anderen Stadt leben und somit nicht immer ihre Hilfe anbieten können. Wohnen eigene Familienmitglieder allerdings mit im Haus, profitieren vor allem pflegebedürftige Senioren davon. Grund dafür ist, dass ihnen durch die räumliche Nähe zu den Liebsten die häusliche Pflege fast rund um die Uhr gewährleistet werden kann. Ausserdem wird durch den regen Kontakt zu anderen einer möglichen Vereinsamung entgegengewirkt. Da die meisten Wohnungen zudem barrierefrei ausgebaut sind, wird Senioren der Alltag beim Mehrgenerationenwohnen erheblich erleichtert.
 
Weitere Vorteile des Wohnkonzepts sind:

  • Bewohner bleiben weiterhin unabhängig
  • Teilweise neue Kontaktmöglichkeiten
  • Senioren können länger im häuslichen Umfeld wohnen bleiben
  • kostengünstiger als die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung
  • Senioren fühlen sich durch soziale Integration länger jung
  • Ratschläge und Sichtweisen können generationsübergreifend ausgetauscht werden
  • Gemeinsame Freizeitaktivitäten sind jederzeit möglich
  • Berufstätige Eltern können durch Kinderbetreuung entlastet werden

Tipps, wie Mehrgenerationenwohnen gelingt

Damit das Mehrgenerationenwohnen optimal funktionieren kann, sollten Interessierte zuallererst prüfen, ob diese Wohnform überhaupt zu ihnen passt. Immerhin handelt es sich dabei um eine sehr gesellige Art des Zusammenlebens, die beispielsweise für Einzelgänger eher ungeeignet ist. Ausserdem ist auch nicht jeder bereit, sich im hohen Alter nochmal intensiv mit kleinen Kindern zu beschäftigen. Ein Mehrgenerationenhaus mit jungen Eltern könnte somit schnell zur Herausforderung werden. Interessiert man sich für bereits bestehende Wohnprojekte, sollte man prüfen, welches Mehrgenerationenhaus am besten die eigenen Kriterien erfüllt. Dabei helfen folgende Fragen:

  • Wo liegt die Wohnanlage?
  • Wie gross ist sie?
  • Kaufe oder miete ich dort meinen Wohnraum?
  • Wird das Haus meinem Anspruch nach Nähe und gleichzeitiger Autonomie gerecht?
  • Wird dort auf meine Bedürfnisse eingegangen?
  • Kann ich mich und meine Fähigkeiten dort gut einbringen?
  • Wer sind meine Mitbewohner?
  • Wie verstehe ich mich mit ihnen?
  • Kann ich ihnen ausreichend vertrauen?
  • Wer übernimmt welche Aufgaben?
  • Welche Kosten kommen auf mich zu?

Das Mehrgenerationenwohnen mit den eigenen Familienmitgliedern sollte aber mindestens genauso gut durchdacht sein wie das mit fremden Mitbewohnern. Blutsverwandtschaft garantiert schliesslich nicht automatisch den Erfolg dieses Wohnkonzepts. Um die Familienidylle aufrecht erhalten zu können, müssen alle Beteiligten vom Mehrgenerationenwohnen überzeugt sein. Dazu lohnt es sich, zunächst einen längeren Familienurlaub in einem Ferienhaus zu planen. Dort kann das Konzept des generationsübergreifenden Miteinanders ausgiebig erprobt und die finale Entscheidung anschliessend leichter gefällt werden. Stellt man während der Probezeit fest, dass alle mit dem Wohnkonzept einverstanden sind, können weitere Schritte erfolgen. Dazu gehören insbesondere Fragen der Finanzierung, um bereits im Voraus die damit verbundenen Konflikte zu vermeiden. Darüber hinaus sollten Familien für den Todesfall oder den Fall einer Trennung auch den zukünftigen Besitzer der eigenen Wohneinheit festlegen und eine klare Aufgabenteilung untereinander vornehmen. Der wahre Schlüssel zum Erfolg ist jedoch die Kommunikation. Ohne sie helfen selbst die besten Tipps nur bedingt. Daher sollte insbesondere beim Mehrgenerationenwohnen eine gute Kommunikation gefördert werden. Grundlage dafür ist, alle Anliegen, Pläne und Vorschläge stets gemeinsam zu besprechen und keine Entscheidung im Alleingang zu treffen. Nur so kann das Zusammenleben unter einem Dach optimal gelingen.
 
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Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.
Christian Morgenstern
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