Winter – die Zeit der rutschigen Trottoirs, Fahrbahnen und der Skiunfälle. Viel öfter verunfallen Personen aber dort, wo sie sich eigentlich am sichersten fühlen: In der eigenen Wohnung. Das Risiko, in den eigenen vier Wänden verletzt zu werden, ist ungleich viel grösser als die Gefahr, auf der Strasse zu verunfallen. Rund 550’000 Personen jährlich erleiden in der Schweiz in ihrer gewohnten Umgebung einen «Nichtberufsunfall», wie es im Fachjargon so schön heisst. 1500 dieser Unfälle verlaufen tödlich. Das sind jährlich fünf Mal mehr Todesfälle als im gesamten Strassenverkehr.
Zu der grössten Risikogruppe gehören die Senioren. Die Hälfte aller Haushaltunfälle sind Stürze, die sich im Alter verheerend auswirken können. Solche Unfälle sind nicht selten der Auslöser für Senioren, ihre Wohnung aufgeben zu müssen und in eine Alters- oder Pflegeeinrichtung zu wechseln.
Deshalb lohnt es sich, auch die eigene Wohnung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, auch wenn man sich darin eigentlich blindlings zurechtfindet.
Wie sieht es bei Ihnen zu Hause mit folgenden Punkten aus?
1. Ordnung halten
«Blindlings» ist bereits das erste Stichwort: Schlecht beleuchtete Treppenhäuser oder Hauseingänge können schnell zu Stolperfallen werden. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU rät deshalb nicht nur zu guten Lampen, die am besten via Bewegungsmelder funktionieren, sondern auch zu guter Ordnung. Die «Verkehrszonen» in der Wohnung gehören freigehalten. Also keine Schuhe auf der Treppe, über die man in der Eile stolpern kann und auch kein Buchstapel im Korridor, der einem, bildlich gesprochen, ein Bein stellen kann, wenn es unerwartet an der Haustüre läutet.
«Ordnung ist das halbe Leben», heisst es. In Gängen und Treppenhäusern kann dieser Satz dann unangenehm wahr werden, wenn man über achtlos abgestellte Gegenstände stolpert.
Schwere Gegenstände sollten auf Treppen so getragen werden, dass die Sicht auf die Stufen frei bleibt. Zwei Mal und mit weniger Gepäck gehen ist allemal vorsichtiger.
2. Gute Ausrüstung
Zudem lohnt es sich, in gute, rutschfeste Hausschuhe zu investieren, Treppen mit Handläufen zu versehen und in Dusche oder Badewanne rutschfeste Matten zu legen. Eine handliche Trittleiter leistet gute Dienste, sei es beim Fenster putzen oder, um etwas aus einem oberen Regal herunterzuholen. Denn Klettermanöver auf Stühle oder sogar Tische sind im Alter riskant – auch wenn man es schon immer so gemacht hat.
Teppiche können zu Stolperfallen werden. Rutschhemmende Unterlagen oder Klebeband verringern das Unfallrisiko.
Der Rat, in der Wohnung möglichst auf Teppiche zu verzichten, ist ziemlich realitätsfremd, auch wenn Teppiche bekannte Stolperfallen sind. Aber hochstehende oder lockere Teppichkanten mit doppelseitigem Klebeband zu fixieren oder gut passende, rutschhemmende Unterlagen anzubringen, ist ein Rat, der unbedingt befolgt werden sollte.
Auch nasse und rutschige Stellen am Boden sollten schnellstmöglich getrocknet werden. Sei es verschüttetes Wasser beim Blumengiessen oder eine seifige Stelle vor der Dusche. Schnell aufgewischt ist das kein Problem, wird es auf später verschoben, rutscht man vielleicht unvermittelt darauf aus.
3. Achtsamkeit
Ganz allgemein darf man es im Alter etwas langsamer angehen lassen – auch wenn es manchmal schwerfällt. Deshalb
Das sind keine Hausschuhe, das sind potenzielle Unfallursachen.
Medikamente können manchmal leichten Schwindel auslösen. Dann sollte man sich hinsetzen oder etwas spazieren gehen, aber keinesfalls die Vorhänge zum Waschen abnehmen oder die obersten Küchenborde mal gründlich abwischen. Ganz allgemein gilt: Achtsamkeit ist im Alter kein leeres Wort aus der Wellnessbranche, denn Unachtsamkeit kann ganz schnell gefährlich werden.
4. Training der kleinen grauen Zellen
Wer jetzt entrüstet denkt «So gwagglig bin ich doch noch nicht!», der hat ja Recht. Ein gutes Körpergefühl kann trainiert werden und hilft dabei mit, Unfälle im Haushalt zu vermeiden. Entweder Sie holen sich zum Beispiel Broschüren vom BfU, von Pro Senectute und der Rheumaliga mit Übungen zur Stärkung des Gleichgewichtssinnes und der Kraft ganz allgemein.
Training geht aber auch so: Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen; untere Zahnreihe rechtes Bein, obere Zahnreihe linkes Bein. Sich angewöhnen, ohne Hilfe der Hände vom Stuhl aufzustehen. Mit einem Bein eine liegende Acht in die Luft zeichnen.
Solche Übungen stärken das Selbstvertrauen in den eigenen Körper, machen beweglich und können helfen, einen allfälligen Stolperer aufzufangen.
Wer es noch etwas kognitiver haben möchte, übt auf einer geraden Strecke (ohne Stolpersteine oder andere Hindernisse) zügiges Gehen und zählt dabei, laut oder leise, von Hundert rückwärts – in Siebenerschritten. Dabei werden zwei unterschiedliche Gehirnareale trainiert.
Aber gute Schuhe, auch in der Wohnung, genügend Licht und eine Stehleiter können trotzdem nicht schaden.
Machen Sie sich Gedanken über Ihre Wohnsituation im Alter? Kontaktieren Sie mich. Meine Beratungen für Senioren werden unter Einhaltungen der COVID-19-Schutzmassnahmen durchgeführt.
Weitere AphorismenSonnenschein wirkt köstlich, Regen erfrischt, Wind rüttelt auf, Schnee erheitert. Wo bleibt da das schlechte Wetter?
John Ruskin